Samstag, 13. Dezember 2014

Interview mit Susann Julieva

Mit der bezaubernden Autorin Susann Julieva bin ich zuerst über einen Buchtausch (Café der Nacht gegen Benjamins Gärten) in Kontakt gekommen. Schließlich lernten wir uns auf der Buchmesse Berlin kennen, wo wir auch dieses Interview vervollständigten.
Susann Julieva schreibt Gay Romance und andere Romane auf Deutsch und Englisch, manchmal leicht und charmant, manchmal etwas düsterer - aber immer mit Happy End. Sie lebt in Süddeutschland und gehört einer verrückten Katze, die sie gerne daran erinnert, dass es neben dem Schreiben noch andere Dinge gibt. Katzenfutter zum Beispiel.
Sie veröffentlichte zuerst den in Englisch geschriebenen Roman Triangel im Selbstverlag auf dem englischsprachigen Markt. 2013 erschien ihr erster deutschprachiger Roman Café der Nacht im Dead soft Verlag. Mehr über sie unter: www.susannjulieva.de
 

Wie lange schreibst Du schon und warum hast Du damit angefangen?

Du wirst lachen, aber schon als Kleinkind habe ich Bildgeschichten gemalt, und seitdem habe ich mit dem Erzählen nie aufgehört. Ich kenne es gar nicht anders, und ein Leben ohne Schreiben wäre für mich undenkbar.

Wie lange hast Du an Deinen Romanen jeweils geschrieben?

Oh je. Ewigkeiten! Das liegt aber vor allem daran, dass ich immer wieder unterbrochen habe, weil ich lange gar nichts veröffentlichen wollte. Café der Nacht lag mehrere Jahre unvollendet in meiner Schublade, bis ich es wieder rausgezogen und komplett überarbeitet habe - gleich zwei Mal. Dafür habe ich locker ein Jahr gebraucht, bis es sich richtig und rund angefühlt hat. Jetzt, wo ich zwei Romane veröffentlicht habe und mich selbst als Autorin ernst nehme, geht es zügig voran, weil ich dranbleibe.

Deine Triangle-Serie hast Du auf Englisch geschrieben. Welchen Unterschied macht die Sprache in der Du schreibst für Dich?

Einen größeren, als man glauben sollte. Ich habe auf Englisch einen anderen Stil, frecher und emotionaler. Diese Sprache hat einen ganz anderen Fluss, man kann viele Dinge machen, die auf Deutsch nicht gehen. Nachdem ich über ein Jahrzehnt ausschließlich auf Englisch geschrieben habe, fiel es mir richtig schwer, wieder auf Deutsch etwas zu Papier zu bringen.

Wie hast Du so gut Englisch gelernt? Ich stelle es mir sehr schwer vor, in einer anderen Sprache literarisch zu schreiben.

Das mit Englisch war einfach Liebe, von Anfang an, das flog mir förmlich zu. Ich habe enge Freunde in England und Amerika, irgendwie wurde es zu einer Art zweiten Muttersprache für mich. Das ist meine emotionale Sprache, die Sprache meines Herzens, wenn man so will - und das passt ja gerade zum Schreiben.

Wie fühlt es sich an, die eigene Geschichte ins Deutsche zu übersetzen?

Echt seltsam. Gerade am Anfang ist mir das erstaunlich schwer gefallen. Die Stimmen der Figuren hörten sich so anders an.
Richtig gut gefällt mir, dass mir die Übertragung von Triangle für den Ullstein Verlag die Gelegenheit gibt, die Story noch mal mit neuen Augen zu betrachten, Dinge zu verändern. Im Prinzip schreibe ich gerade eine alternative Version der zwölf Jahre alten Originalgeschichte, und das ist richtig spannend.

Café der Nacht, Dein erster deutschsprachiger Roman, dreht sich um eine Gruppe von (Lebens)Künstlern. Welchem Genre ordnest du diesen Roman zu?

Vermarktet wird der Roman ja als "Gay Romance", doch obwohl die zarte Liebesgeschichte zwischen Maxim und Monroe darin eine zentrale Rolle spielt, wäre wohl "Drama" treffender. Eigentlich schade, dass es eine so große Rolle spielt, dass die Hauptfiguren eben schwul sind. Ich habe mich riesig gefreut, als Gay Verlage das Buch haben wollten, und fand es doch traurig, dass es nur wegen der sexuellen Orientierung der Hauptfiguren für andere Verlage nicht in Frage kam.
Es ist eine Milieustudie und ein Coming-of-Age-Roman, Maxims Weg ins Erwachsensein. Das ist vielleicht auch das Schöne daran - es gibt viele Facetten an dem Buch. Und natürlich gehören dazu auch Gefühle und die große Liebe. Die spielt bei mir immer eine Rolle.

Schön gesagt. Was hat Dich zu der Geschichte inspiriert?

Kunst und Theater liegen mir unglaublich am Herzen. Mich macht das Theatersterben echt traurig. Daher wollte ich gerne etwas zum Thema schreiben. Die eigentliche Inspiration war aber ein Online Role Playing Game um eine Künstlerkneipe während meines Studiums, das leider von kurzer Dauer war. Die Geschichten meiner Figuren waren noch nicht zu Ende erzählt, was ich sehr schade fand, weil ich sie liebte. Erst vor ein paar Jahren entschloss ich mich, ihnen ein neues Leben in einem Roman zu geben. Dean Monroe & Co. gibt es also schon ziemlich lange.

Stil und Stimmung von Café der Nacht haben einen besonderen, etwas altmodischen Zauber. Warum hast Du Dich für diese Gestaltung entschieden?

Ich wollte die Geschichte aus einer stillen Melancholie heraus erzählen, die alles durchtränkt. Wie eine Art
Märchen aus längst vergangener Zeit. Alles sollte schwingen in dem Bewusstsein, etwas Einzigartiges verloren zu haben, das unwiederbringlich scheint. Für Maxim ist das ganz zentral - er kommt nicht darüber weg, dass er seine seelische Heimat und seine große Liebe verloren hat. Ich wollte einen Traum erschaffen mit dem Café der Nacht, Maxims Traum.

Das ist Dir gelungen. Gibt es reelle Orte, die in den Roman eingeflossen sind?

Nein, und das ist ebenso bewusst geschehen. Vermutlich würde man darauf tippen, dass das Ganze in Schwabing spielt, aber die Wahrheit ist, das alte Viertel, das ich beschreibe, existiert nicht. Genauso, wie es ein solches Café nicht gibt. Es sollte eine Welt mit ganz spezieller Magie sein, von der wir uns vielleicht wünschten, sie wäre real. Ein wenig eingeflossen ist allerdings, dass mein Vater als Student in der Münchner Kabarettszene sehr aktiv war. Seine Schilderungen haben mich auf jeden Fall inspiriert.

Welche Autoren haben Deinen Stil beeinflusst?

Als Autorin wird man das oft gefragt und ich bin da immer ein bisschen ratlos. Stilistisch ähnele ich glaube ich keinem meiner Lieblingsschriftsteller. Wer mich allerdings von Aufbau und Technik her beeinflusst hat, ist Jane Austen. Vermutlich habe ich es ihr zu verdanken, dass ich es liebe, komplett verschiedene Charaktere aufeinanderprallen zu lassen.

Was hat Jane Austen an sich, dass sie heute immer noch fasziniert?

Ich denke, obwohl Jane Austen über ihre Zeit schreibt und das voller Spitzen gegen die damalige Gesellschaft, sind ihre Bücher irgendwie zeitlos. Das liegt an ihrer feinen Beobachtungsgabe und den tollen Figuren. Sie karikiert gerne, aber die Hauptfiguren zeichnet sie stets so echt und menschlich, dass man sie heute noch genau so treffen - und schreiben - könnte. Und natürlich sind die Liebesgeschichten großartig.

Was bedeutet der Wechsel vom Selbstverlegen hin zu einem Verlag für Dich?

Das war für mich ein ganz wichtiger Schritt für mein Selbstverständnis als Schriftstellerin. Ich brauchte einfach die Bestätigung: Jemand vom Fach findet mein Buch so gut, dass er es verlegen will. Dabei hat sich Triangle richtig gut verkauft und ich bekam begeistertes Feedback, damit hatte ich nie gerechnet.
Im Moment finde ich es schön, mit Verlagen zu arbeiten, aber ich kann mir gut vorstellen, auch bald wieder etwas selbst zu verlegen. Die Möglichkeiten, die es heutzutage dafür gibt, sind einfach toll.

Du hast eine entzückende Katze. Wie inspiriert sie Dich und/oder hilft Dir beim Schreiben?

Carlo macht eigentlich genau das Gegenteil - er zwingt mich ab und an zu einer Schreibpause, der kleine Frechdachs. Zur Not springt er hoch und marschiert übers Keyboard, bis ich aufgebe und ihn knuddele. Der Kleine bringt mich so oft zum Lachen!

Ist das Schreiben für Dich Hobby, Beruf oder Berufung?

Berufung und Beruf zugleich. Nach dem Abi habe ich aus Interesse (und weil ich schier nicht wusste, was ich sonst tun sollte) Philosophie studiert. Erst spät wurde mir klar, dass ich meinen Traumjob längst gefunden hatte - das Schreiben. Aber es ist hart, dass so viele von uns Schriftstellern für einen Minus-Stundenlohn arbeiten. Es war keine leichte Entscheidung, in die Teilzeit zu wechseln, um mehr Zeit fürs Schreiben zu haben. Aber mein früherer Job hat mich so ausgelaugt, dass ich nicht mehr kreativ sein konnte. Und ohne Schreiben geht es einfach nicht!


Zuletzt ist von Dir Sommer am See in Yep, warum nicht anders (Dead soft Verlag) erschienen. Was dürfen wir in nächster Zeit noch von Dir erwarten, womit bist Du beschäftigt?

Im Februar 2015 wird mein neuer Roman, Böse Jungs, bei Forever by Ullstein erscheinen. Das ist die deutsche, komplett überarbeitet Version von Triangle. Ich bin schon mächtig gespannt, wie das Buch ankommen wird. Diesmal ist es definitiv "Gay Romance".
Danach werde ich mich wohl recht bald ans nächste Manuskript setzen. Ich habe viel zu viele Ideen - da wird es schwer werden, sich für ein Projekt zu entscheiden. Vielleicht wird die Liebe darin wieder gay, vielleicht auch mal hetero. Kommt ganz auf die Figuren an, die mich anspringen. Ich freu mich jedenfalls schon darauf!