Hier nun schon das Fünfte Autoreninterview auf meinem Blog, diesmal mit dem jungen Berliner Autor Dennis Stephan. Wir lernten uns bei der Buchvorstellung von Mein schwules Auge 10 kennen und tauschen uns regelmäßig über die Untiefen des Autorendaseins aus.
Dennis Stephan wurde im 1989 in Berlin geboren, wo er immer noch lebt. Im
Herbst 2013 erschien sein Debütroman Der Klub der
Ungeliebten im Incubus-Verlag. Außerdem
veröffentlichte er die Kurzgeschichten Mir die Welt und Der Preis der
Freiheit in der Anthologie Mein Schwules Auge 10/11.
Privat der Belletristik zugewandt, arbeitet Dennis Stephan im journalistischen Sektor der Publikumszeitschriften, seit August 2012 ist Dennis Stephan als freier Mitarbeiter für das Männermagazin VANGARDIST in Wien redaktionell tätig.
Privat der Belletristik zugewandt, arbeitet Dennis Stephan im journalistischen Sektor der Publikumszeitschriften, seit August 2012 ist Dennis Stephan als freier Mitarbeiter für das Männermagazin VANGARDIST in Wien redaktionell tätig.
Was motiviert
Dich, Bücher zu schreiben?
Ich weiß nicht.
Ich glaube, es ist mehr eine innere Motivation, so was Eigennütziges.
Ich schreibe, über die Dinge und Themen, die mich bewegen, die mich
beschäftigen, mir Kopfschmerzen bereiten oder Herzschmerz. Ich hab
das Gefühl, mit diesen Dingen besser umgehen zu können, wenn ich
sie aufschreibe.
Trifft das
auch auf Deinen Debütroman zu? Wie ist die Entstehungsgeschichte von Der Klub der Ungeliebten?
Die geht zurück
auf eine Phase in meinem dailysoapartigen Leben, in der ich mich zum
ersten Mal Hals über Kopf in einen anderen Mann verliebte. Eine
unglaublich aufregende Zeit war das – mit wabbeligen Beinen und
Sprachhemmungen und gedanklichen, zur Eigenheimgründung gepackten
Umzugskartons. Meine Cousine war in dieses ganze Liebeschaos
involviert und um diesem ganzen Schlamassel irgendetwas produktives
abgewinnen zu können, begann ich damit, eine Geschichte zu schreiben
– über zwei junge Menschen in Berlin, die sich verstehen wie Pat
und Patachon, obwohl sie nicht unterschiedlicher sein können. Nach
und nach wurden Figuren gestrichen, Handlungsorte umgebaut, neue
Charakter und Themen dazu: eine alte Dame, die als verrückt
abgestempelt, aber eigentlich nur missverstanden wird; ein
übereifriger Liebhaber, dessen Zuneigung Formen von Obsession
annimmt; und der selbst instabile Prinz, der schließlich das Herz
der hochnäsigen Prinzessin für sich gewinnt.
Und wie lange
hast Du daran geschrieben?
Das Schreiben des
„Klub der Ungeliebten“ hat ungefähr vier Jahre in Anspruch
genommen, bis er dann veröffentlicht wurde verging noch einmal ein
Jahr – das macht dann insgesamt fünf, was nicht gerade wenig ist
für so einen kurzen Roman. Ich denke aber, dass diese Zeit wirklich
sehr wichtig für das Buch und für mich selbst war, weil ich mich in
diesen fünf Jahren so stark entwickelt habe, dass all die
Unsicherheiten, Ängste und Hoffnungen, genauso wie die Stärken und
Zuversichten, die man zwischen 19 und 24 durchlebt, die Möglichkeit
hatten, die Charaktere mitzuformen. Hat dieser Satz jetzt Sinn
ergeben?
Natürlich –
also bist Du 1989 geboren. Warum hast Du die 90er Jahre für Deinen
Roman gewählt und wie hast Du das Flair dieser Zeit so gut einfangen
können?
Ich weiß ehrlich
gesagt gar nicht, ob mir das wirklich so gut gelungen ist. (lacht)
Ich hab so im Nachhinein das Gefühl, das ich eine Stadt erschaffen
habe, die es zu dieser Zeit – also in der Mitte der Neunziger –
noch gar nicht so gab, wie ich sie mir vorgestellt habe. Aber das ist
letztlich auch okay, es ist Fiktion, und ich nenne nie den Namen der
Stadt, in der Adam und Coralie leben und lieben. Die Neunziger habe
ich gewählt, weil ich keinen Bock darauf hatte, dass meine
Protagonisten sich über Smartphones verabreden oder via WhatsApp
kommunizieren. Die ganze neue Informationstechnologie hat vieles
erleichtert, aber auch vieles kaputt gemacht. Meine Charaktere haben
wirklich Zeit für einander, sie nehmen sich die Zeit für einander,
um miteinander auf dem Dach ihres Hauses Gin Tonic zu schlürfen oder
mit ihrer Nachbarin über den Sinn des Lebens zu diskutieren. Ich
hatte das Gefühl, die ganze Geschichte hätte nicht funktioniert,
wenn ich ihr nicht all diese technischen Spielereien geklaut hätte.
Außerdem bin ich ein großer Fan der modischen 80er und 90er Jahre –
Beverly Hills, 90210, love it! (lacht)
Anders gefragt
– wie verdammt hast Du in Deinen jungen Jahren einen solch
komplexen und einzigartigen Roman hinbekommen?
Erst einmal
vielen Dank für die Blumen. Was den Roman einzigartig macht, bin
glaub ich weniger ich oder mein Alter, als vielmehr die Leser, die
den Roman für sich interpretieren und auslegen. Nicht jeder hält
den Roman für so einzigartig, sondern rät mir eher dazu, lieber
Malbücher zu gestalten … Ich glaube, Liebe oder generell alle
zwischenmenschlichen Emotionen sind niemals einfach. Liebe und
Freundschaft sind immer komplex, immer variable und nie konstant, das
ist auch das Schöne an ihnen. Ich wehre mich manchmal dagegen, wenn
jemand den Klub der Ungeliebten als Liebesroman bezeichnet,
obwohl derjenige da ja durchaus recht hat. Es ist ein Roman über
Liebe, über all ihre Facetten. Vor allem darüber, dass Liebe eben
nicht nur schön und angenehm ist, nicht nur aus Palmen und
Flitterwochen besteht, sondern auch wehtut, komische Dinge mit uns
anstellt und uns auch verändert. Ich denke, das begreifen die Leser
am Ende des Buches, dass selbst der scheinbar größte Verrat von der
bedingungslosesten Liebe angetrieben sein kann.
Wie viel an
persönlichen Erlebnissen ist in Der Klub der Ungeliebten
eingeflossen?
Nenn mir eine
Stelle, die du gern auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen würdest, und
ich versuche dich nicht zu enttäuschen! Nein, irrsinnig viel. Ich
könnte jetzt nicht sagen, das und das und das ist mir genauso
wirklich passiert, aber jedes einzelne Puzzleteil stammt aus meinem
Leben. Ich bin nicht Adam, auch wenn viele mich in ihm sehen. Ich bin
Adam und Coralie und Madame Porzellan und Yannick und Marc … Jede
Figur trägt gute und schlechte Eigenschaften von mir in sich, welche
das sind werde ich hier lieber nicht verraten. Aber ich glaube, das
macht sie auch sehr menschlich. Oder wie siehst du das?
Die Figuren
werden, gerade durch ihre Widersprüche, sehr lebendig. Gerade
Coralie, die mit ihrem Sarkasmus auch allzu romantische Anflüge
bricht. Der Stil des Romans ist ja schon als poetisch, schnörkelig,
bildgewaltig, blumig oder verträumt bezeichnet worden. Wie würdest
Du selbst ihn beschreiben? Ist es „Dein“ Stil, oder habe andere
Texte von Dir einen anderen Charakter?
Kitschig hast du
in deiner Aufzählung vergessen, als kitschig wurde er auch schon
bezeichnet. Ich weiß
nicht so genau. Ich würde niemals bestreiten, dass Der Klub der Ungeliebten die Stulle sehr dick mit Pathos bestreicht. Ich fand es einfach angebracht, auch angesichts der besonderen Charaktere, die ich geschaffen hatte, die Welt um die Figuren so sinnlich und detailliert wie möglich zu beschreiben. Ich bin ein Mensch, dem bereits Bäche über die Wangen laufen, wenn er mit seinem besten Freund einen Sonnenaufgang am Meer beobachtet. Aber auch für Menschen, die nicht super-feinfühlig sind, wie Coralie, gibt es Momente im Leben, in denen sie plötzlich die imaginäre Brille auf die Nase gesetzt bekommen und Dinge völlig intensiviert und klar in Form und Farbe wahrnehmen. Na, von welchem Zustand rede ich, hm? Die Welt ändert sich nicht, auch nicht, wenn wir uns verlieben, aber wir selbst ändern uns, und unser Blick für all das Schöne und Hässliche um uns herum. Ich denke es wird eine Art Berufskrankheit bleiben. Meine Texte werden wohl immer eher sanft, als hart sein, eher streicheln als kratzen, aber auch eher die Tiefen und Höhen kartographieren, als die Oberfläche.
nicht so genau. Ich würde niemals bestreiten, dass Der Klub der Ungeliebten die Stulle sehr dick mit Pathos bestreicht. Ich fand es einfach angebracht, auch angesichts der besonderen Charaktere, die ich geschaffen hatte, die Welt um die Figuren so sinnlich und detailliert wie möglich zu beschreiben. Ich bin ein Mensch, dem bereits Bäche über die Wangen laufen, wenn er mit seinem besten Freund einen Sonnenaufgang am Meer beobachtet. Aber auch für Menschen, die nicht super-feinfühlig sind, wie Coralie, gibt es Momente im Leben, in denen sie plötzlich die imaginäre Brille auf die Nase gesetzt bekommen und Dinge völlig intensiviert und klar in Form und Farbe wahrnehmen. Na, von welchem Zustand rede ich, hm? Die Welt ändert sich nicht, auch nicht, wenn wir uns verlieben, aber wir selbst ändern uns, und unser Blick für all das Schöne und Hässliche um uns herum. Ich denke es wird eine Art Berufskrankheit bleiben. Meine Texte werden wohl immer eher sanft, als hart sein, eher streicheln als kratzen, aber auch eher die Tiefen und Höhen kartographieren, als die Oberfläche.
Gibt es
Vorbilder, Autoren, die Dich in der einen oder anderen Weise
beeinflusst haben?
Andreas
Steinhöfel ist ein Jugendbuchautor, der mit Die Mitte der Welt
ein ganz umwerfendes Coming-of-Age-Buch geschrieben hat. Er hat mich
stark inspiriert, ebenso wie Gilbert Adairs Buch Träumer oder
Janet Fitch, ich liebte Weißer Oleander.
Da muss ich
lächeln, denn Die Mitte der Welt ist auch eins meiner
Vorbilder – ich habe es gleich nach Erscheinen gelesen. Gibt es
einen besonderen Ort für Dich, an dem Du gerne schreibst, oder der
Dich zum Schreiben inspiriert?
Seltsamerweise
schreibe ich immer an neuen Laptops wahnsinnig gut und motiviert. Es
sieht also so aus, als ob immer erst mein aktueller Arbeitsplatz
verrecken muss, bevor die Ideen sprudeln können. (lacht) Nein,
eigentlich gibt es so einen Ort nicht. Ich trage oft ganz klassisch
eine Kladde mit mir herum, in die ich immer alle möglichen Ideen
oder Satzfetzen kritzeln kann, wenn ich wieder in der Bahn unterwegs
bin und ausschweifende Dialoge mit mir selbst führe. Ansonsten finde
ich Musik beim Schreiben ganz inspirierend.
Wird man auch
noch weitere Kurzgeschichten von Dir lesen können? Welchen
Stellenwert haben Sie für Dich im Vergleich zu Romanen?
Naja, eine
aktuelle Kurzgeschichte, auf die ich nebenbei gesagt auch sehr stolz
bin, ist im aktuellen Sammelband Mein Schwules Auge zu lesen.
In Der Preis der Freiheit geht es um Bindungsangst. Ich hoffe,
dass ich auch in Zukunft Verlage für mich und meine Geschichten
interessieren kann.
Davon bin ich
überzeugt. Kannst Du schon etwas über Dein nächstes Werk verraten?
Worum geht es?
Oh Gott ja, ich
bin schon super euphorisch. Es geht natürlich um Liebe. (lacht)
Nein, also doch, aber es geht vorrangig um meine Generation, um die
Generation junger Menschen in Berlin, um ihr Leben hier und ihren
Lebensinhalt. Es wird thematisch ein bisschen ernster werden, um
Abhängigkeiten und Süchte und Sehnsüchte gehen, um Musik, ums
Nachtleben, aber auch um Freundschaft und das, was uns eigentlich
alle auf unserer Suche nach unserer Identität verbindet. Natürlich
bleibe ich mir selbst treu und der Leser darf sich auch dieses Mal
auf eine Achterbahnfahrt schielender Metaphern und verkehrter
Wortbilder freuen und natürlich auf romantische Liebe in ihrer
schönsten Form – nämlich unerfüllt.
Das klingt
spannend! Und wann soll es erscheinen?
Von mir aus noch
dieses Jahr. Ich bin gerade am Feintuning. Hab also das Manuskript
praktisch in der Schublade liegen, aber es hat noch keiner
vollständig gesehen. Ich habe ein paar sehr gute Freunde, die meine
Werke auf Herz und Nieren prüfen, und mir auch sagen, wenn etwas
richtig gequirlte Scheiße ist. Die Meinung dieser Leute ist mir sehr
wichtig und ich würde niemals bei irgendeinem Verlag klopfen, ohne
ihre Zustimmung zu haben. Und dann gibt es da auch noch ein paar
Menschen, deren Segen ich für das Projekt gern einholen möchte,
weil ich das Gefühl habe, das bin ich diesen Personen schuldig.
Ich freue mich
darauf und wünsche Dir viel Erfolg!
Website zum Buch: http://dennisstephan.wix.com/klubderungeliebten
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