Donnerstag, 11. Oktober 2018

Fortsetzung von "Im Zimmer wird es still"

Schon seit langer Zeit existiert in meinem Kopf die Fortsetzung von "Im Zimmer wird es still" - die komplette Handlung und einzelne Szenen. Vor ebenfalls langer Zeit habe ich mal "Notizen" dazu in mein Handy gesprochen.
Und heute, bei strahlendem, warmem Herbstwetter, habe ich diese Notizen endlich mal in ein Schreibheft übertragen. (Mein Handy ist ja auch nicht mehr das Jüngste.)
Die Stichpunkte waren dürftig, aber die Szenen und Bilder wurden in meinem Kopf wieder lebendig. Und ich hatte Lust, diese Geschichte aufzuschreiben. Sie ist eigentlich schon da. Sie ist schön. Es geht um Heiraten, Sterben, Trauer, Freundschaft, Liebe. Ich sehe es vor mir.
Leider spricht alles dagegen, diesen Roman zu schreiben: die Fortsetzung eines Flops zu schreiben ist nicht sehr klug, ich schreibe zu lange an einem Roman, ich verdiene zu wenig an einem Roman und ... ach, ja, über Schwule schreiben ich ja eigentlich auch nicht mehr ...

Aber vielleicht kommt irgendwann die Zeit, wo ich die Möglichkeit habe, es zu schreiben ...



Bis dahin noch eine Leseprobe aus Teil 1
Er hält sein Gesicht einen Moment in die Sonne, registriert die Schönheit des Herbsttages. Er tritt ein paar Schritte vor. Die Sonnenstrahlen lassen die Blätter der Linde gelbgrün aufleuchten, zeichnen helle Lichtkränze um jeden Blattrand. Der Schatten, den ein Ast der Linde auf die Hauswand wirft, wirkt lebendig, fein abgestuft und doch gestochen scharf. Er dreht sich wieder zur Sonne, steckt die Hände in die Hosentaschen. Überblickt die Straße, die friedlich daliegt. Vertrocknete Lindensamen liegen darauf verstreut, bräunlich-golden im Sonnenlicht.
Er geht langsam zurück, lässt die Haustür offen. Sonnenlicht fällt über den Steinfußboden, erhellt den fensterlosen Flur, trägt die Wärme der Luft hinein. Er nimmt Äpfel von der oberen Stiege und geht ins Wohnzimmer. Peter scheint zu schlafen, und er geht leise in die Küche. Er legt die Äpfel auf die Anrichte. Dann wiegt er Mehl und Zucker ab, teilt ein Stück Butter und beginnt, Teig für einen Apfelkuchen anzurühren. Die Küchenmaschine lässt er im Schrank, es geht auch ohne. Er rührt so lange, bis Butter und Zucker schaumig sind, dann gibt er drei Eier dazu, rührt weiter, siebt schließlich nach und nach das Mehl hinein, das sich als samtiger, feiner Berg über den feuchten Teig legt. Dann wäscht er die Äpfel und schält sie, versucht die Schale in einer langen Schlange abzulösen.
Das Haus ist stiller geworden, seit Peter krank ist. Nur noch selten läuft der Fernseher, kein Radio dudelt mehr nebenbei. Die Küchenmaschine staubt ein, er weiß gar nicht mehr, wozu er sie überhaupt gebraucht hat. Er genießt es, Zutaten mit seinen Händen zu bearbeiten, sich Zeit zu lassen.
Ein paar Spatzen zanken sich draußen auf dem Hof. Er hält inne, blickt zum Fenster. Das Sonnenlicht fällt in die Küche, ergießt sich über die Stühle und den Tisch, verfängt sich in einer Dahlie, die in einer Flasche steht, welche einen blau durchscheinenden Schatten auf die Tischplatte wirft. Er lehnt sich an die Kante des Küchenschrankes, Apfel und Schäler in den Händen. Ein perfekter Moment, einfach so. Weil er einen Apfelkuchen backt. Weil die Äpfel süß und aromatisch duften. Weil der Küchentisch wie ein Stillleben aussieht. Die Zeit ist bei ihm angekommen, rast nicht mehr.
Eigenartig, wie sehr die Zeit sich zu beschleunigen beginnt, wenn man älter wird. Als Jugendlicher hatte er das nicht gekannt. Ein Jahr schien endlos, ein Monat, selbst eine Woche, lang. Dann begann er zu arbeiten, wurde älter. Manchmal drehte er sich um, und war erstaunt, wie schnell die Zeit vergangen war. Dass schon Herbst war, die Bäume fast kahl, das Jahr bald zu Ende. Dass das Baby der Nachbarin schon lief, sprach, dann schon drei war. Dass der Urlaub wieder Geschichte war, eingeordnet in ein dickes Album. Dass Peter und er bereits vier Jahre zusammen waren, dann fünf.
Er dreht sich wieder zum Küchenschrank um, beugt sich vor, um Peter sehen zu können. Der schläft noch immer, sieht friedlich und entspannt aus,  wie er es nur noch selten im Schlaf ist. Er betrachtet sein Gesicht, unberührt, losgelöst von der Zeit. Gesicht eines sonnigen Morgens, des Geliebten neben ihm, einer Stunde ebenso perfekten wie simplen Glücks.

2 Kommentare:

  1. Liebe Jana, das ist ja wundervoll, dass du vor hast, die Geschichte "Im Zimmer wird es still" weiterzuschreiben. Ich spüre, die noch vorhandene Liebe, die Auseinandersetzungen, die Hilflosigkeit, das Zusammenrücken, die Stille ...
    Liebe Grüße für dich, Uta.

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  2. Ich würde schon gern, ich denke immer noch darüber nach, aber wie gesagt ...

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