Montag, 9. Juni 2014

Autoreninterview mit Jobst Mahrenholz

Hier das zweite Autoreninterview mit meinem lieben Verlagskollegen und italophilen Gleichgesinnten.

Jobst Mahrenholz hat unter anderem als Friedhofsgärtner, Putzhilfe, Café- und Hochzeitskellner, Postbote, Barkeeper, vor allem aber als freier Künstler gearbeitet. Das Studium mit den Schwerpunkten Literatur und Kunst prägte seine Liebe zur Bildenden Kunst und zur Sprache in Schrift und Wort. Schon während einer achtjährigen Tätigkeit als leitender Rundfunkredakteur arbeitete er nebenher als freier Autor im Hörspielbereich. Seit 2009 widmet er sich ausschließlich dem Schreiben von Büchern. 2014 erschienen von ihm im Dead soft Verlag Il Gusto di Lauro - Lucas Rezepte, sowie Herzberührer, die er zuvor schon im Selbstverlag veröffentlichte. Daneben eröffnete er mit Jasper Acri - Operation "Stilles Tal" eine Krimireihe.


Wie lange schreibst Du schon und warum hast Du damit angefangen?

Ich schreibe seit meinem 13. Lebensjahr und ich glaube, in dem Alter fragt man nicht nach dem Grund – man tut es einfach. Ich war ein Einzelgänger – hatte viel Zeit für mich. Vielleicht darum.

Wie lange hast Du an Deinen Romanen geschrieben und wie oft hast Du sie überarbeitet?

Oje, ich bin langsam. An 'Luca' habe ich ein knappes Jahr geschrieben. Aber vor allem die unzähligen
Überarbeitungen waren es, die dann insgesamt über zwei daraus gemacht haben. Viel zu lang! Da gab es einiges für mich zu lernen. Beim 'Herzberührer' habe ich meinen Arbeitsstil dann komplett umgebaut, die Korrektur in den Schreibprozess eingebunden. Das hat sich bewährt und die Arbeitszeit deutlich verkürzt.

Was möchtest Du mit deinen Geschichten erreichen?

Das, was auch ich von einem guten Buch erwarte: Ich möchte entführt, zum Nachdenken angeregt oder einfach gut unterhalten werden. Wenn meine Bücher das schaffen, ist das Ziel erreicht.
Es gibt Leserinnen, (Es sind überwiegend Frauen, die meine Geschichten lesen) die mir schreiben, dass sie berührt sind, von dem, was ich da geschrieben habe. Es hat sich aber auch mal ein Italiener bei mir gemeldet, der sich in meinem 'Luca' wiedergefunden hat. Es ist unglaublich schön, das mitzubekommen.

Die beiden Lauro-Romane sind sehr umfangreich und erzählen eher ausschweifend und detailfreudig. „Jasper Acri“ hat einen gänzlich anderen Stil. Wie kommt es zu diesen Unterschieden und welcher Stil ist Dein Favorit?

Die Lauro-Romane (super Beschreibung übrigens!) sind Bücher, die ich schreiben musste. Jasper wollte ich schreiben. So erkläre ich das immer.
Im 'Luca' geht es um relevante Dinge. Ein Coming-out in Italien zum Beispiel, keine einfache Sache. Es geht um die Haltung zur Kirche, ums Verlassen sein, erwachsen werden. Ängste, Mut, Selbstfindung – das ganze Paket.
Im Jasper geht es um – nichts!
Was so natürlich nicht stimmt. Es geht um Sprache, Leidenschaft, ein großes Herz und das Recht selbstverliebt durchs Leben zu gehen. Und es geht um Emma Peel, denn Jasper ist als Hommage an meine Kindheits-Heldin gedacht. Aber Jasper ist im Gegensatz zu Luca eine Parodie.
Die Lauro-Romane sind ein Fünf-Gänge-Menue. Jasper ist die Praline für zwischendurch. So wird es vielleicht deutlich. Ich liebe sie beide gleichermaßen, auf ihre Weise.

Deine Romane spielen alle in Italien. Was verbindet Dich mit diesem Land?

Wo fange ich da an? Mit sechzehn war ich das erste Mal dort. In der Toscana. Danach war alles anders für mich. Tatsächlich habe ich mich in Deutschland noch nie so heimisch gefühlt, wie dort. Die Architektur, die Sprache, (die ich nicht beherrsche), das Klima, der Lebensrhythmus, die Gerüche und nicht zuletzt die Küche, all das 'verstehe' ich dort. Es hat was mit mir zu tun. Hier verstehe ich es nicht. Ich stehe vor einem Gebäude, sitze vor einem gefüllten Teller, spanne meinen Regenschirm auf und all das ist mir vertraut – aber ich verstehe es nicht wirklich.
Meine Adoptiv-Mutter war zu einem viertel Italienerin – vielleicht spielt das mit hinein. Aber ich glaube eher nicht. Sie war selbst nur zweimal da.

Was sollte man sich in Italien nicht entgehen lassen – irgendwelche Geheimtipps?

Die Marken! Es gibt eine kleine, alte Wassermühle in den Marken, nahe Fano, wo man von einer Familie ökologisch bekocht wird. Du sitzt da zwischen gefühlt hundert Katzen, und sie servieren dir dort sechs bis sieben Gänge. Auswählen kannst du nicht. Jeder bekommt das selbe, zur gleichen Zeit. Wein und Wasser stehen automatisch auf dem Tisch. Und wenn es auf einmal anfangen sollte zu regnen, dann sitzt du bei denen im Wohnzimmer, zwischen Büchern und Bildern und es geht weiter. Die machen dich glücklich da! Derlei Restaurants gibt es einige dort. Danach sollte man sich vor Ort erkundigen.
Und Urbino sollte man gesehen haben. Wer die Kunst der Renaissance liebt, muss nach Urbino - La Città Ideale!

Was bedeutet der Wechsel vom Selbstverleger hin zu einem Verlag für Dich?

Ich hatte großes Glück, dass der Dead soft Verlag auf mich zugekommen ist. Hinter mir lag die übliche Odyssee von Manuskripteinreichung und den darauf folgenden Absagen – wenn überhaupt. Mach es halt selbst, hab ich mir schließlich trotzig gesagt und es dann getan.
Als Simon vom Dead soft Verlag auf mich zu kam, war ich zunächst misstrauisch. Dafür war einfach zu viel passiert. Aber ich habe 'ja' gesagt.
Nun erlebe ich auf einmal – Zusammenarbeit! Das ist ganz groß. Damit hatte ich auch nicht gerechnet.
Ich bin nicht so der Einzelkämpfer-Typ. Im Team funktioniere ich gut, aber Selbstvermarktung und die dazugehörige Organisation liegen mir nicht. Der Wechsel zu Dead soft hat enorme Energien bei mir freigesetzt. Ich kann jetzt einfach arbeiten!


Erzähle doch etwas zur Covergestaltung Deiner Romane.

Im Selfpublishing machst du ja alles selbst, also auch das Cover. Da die 'Lauro-Reihe' zu Beginn nur als Ebook bei epubli erschien, habe ich markante schwarz/weiß Grafiken angefertigt, die auch auf Fingernagelgröße gut auszumachen sind. Ich komme auch ein wenig aus der Grafik, muss man dazu wissen. Als ich dann mein erstes, professionell gestaltetes Cover durch den Verlag vor mir sah, musste ich schlucken. Das war genau das, was ich wollte.
Jasper hingegen habe ich komplett selbst gestaltet. Ich bin nach wie vor künstlerisch aktiv – im Bereich Scherenschnitt. So was gibt es da zu sehen. Ich liebe das Uhren-Cover. Klar, es ist wie eine Visitenkarte für mich. Und es transportiert den Humor, der einen beim Lesen erwartet, hoffe ich zumindest.

(Die Lauro-Cover wurden von Daylinart gestaltet)

Ist das Schreiben für Dich Hobby, Beruf oder Berufung?

Es ist mein Beruf! Ich stehe morgens um neun Uhr auf und setze mich mit einem Caffè an die Arbeit. Gegen ein Uhr esse ich etwas und gegen 18 Uhr Speicher ich das letzte mal ab. Das heißt aber nicht, dass ich die ganze Zeit schreibe. Ein ganz großer Teil geht bei mir für Recherche drauf. Wenn 'Luca' im Hochsommer gegen halb sechs durch die Dämmerung geweckt wird, dann ist das so! Dann geht an dem Tag um diese Zeit die Sonne auf. 10 Jahre Nachrichtenredakteur beim Rundfunk haben so ihre Nebenwirkungen :)

Im Juni erscheint ein Neuauflage Deines Romans „Herzberührer“. Was dürfen wir dann noch in nächster Zeit von dir erwarten?

Gerade habe ich einen 50 Seiten starken Beitrag zu einer Anthlogie ins Lektorat geschickt. Dead soft plant zum 15 Jährigen Verlagsjubiläum ein Buch rauszubringen, dessen Verkaufserlös einem Coming-out-Projekt zugute kommen soll. Ein tolle Sache!
Und mit Jasper geht es weiter. 'Das Geheimnis der MS Scarpa' ist zu einem Drittel geschrieben und kommt im Sommer bei Tredition auf den Markt. Sieben Bände sind insgesamt in Planung. Dann bin ich in Italien und werde mich dort einem neuen Projekt stellen. Vage Ideen existieren schon. Italien besorgt dann den Rest.



www.jobstmahrenholz.de

1 Kommentar:

  1. Hallo Jana, das Interview hat mir sehr gut gefallen. Gerade lese ich den zweiten Teil von Lucas Rezepten und dieses Gespräch bestätigt mir, mein Gefühl zu Diesem Autoren. Denn alles was Jobst für eine gute Geschichte als wichtig empfindet, habe ich in seinen Geschichten, die ich bisher gelsesen habe, lesen können. Eines weiß ich, diesen Autoren werde nicht mehr aus meinen Augen verlieren. Vg Uta

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