Mit der bezaubernden Autorin Susann Julieva bin ich zuerst über einen Buchtausch (Café der Nacht gegen Benjamins Gärten) in Kontakt gekommen. Schließlich lernten wir uns auf der Buchmesse Berlin kennen, wo wir auch dieses Interview vervollständigten.
Susann Julieva schreibt Gay Romance und andere Romane
auf Deutsch und Englisch, manchmal leicht und
charmant, manchmal etwas düsterer - aber immer mit
Happy End. Sie lebt in Süddeutschland und gehört einer
verrückten Katze, die sie gerne daran erinnert, dass
es neben dem Schreiben noch andere Dinge gibt.
Katzenfutter zum Beispiel.
Sie veröffentlichte zuerst den in Englisch geschriebenen Roman Triangel im Selbstverlag auf dem englischsprachigen Markt. 2013 erschien ihr erster deutschprachiger Roman Café der Nacht im Dead soft Verlag. Mehr über sie unter: www.susannjulieva.de
Wie lange
schreibst Du schon und warum hast Du damit angefangen?
Du wirst lachen,
aber schon als Kleinkind habe ich Bildgeschichten gemalt, und seitdem
habe ich mit dem Erzählen nie aufgehört. Ich kenne es gar nicht
anders, und ein Leben ohne Schreiben wäre für mich undenkbar.
Wie lange hast Du
an Deinen Romanen jeweils geschrieben?
Oh je.
Ewigkeiten! Das liegt aber vor allem daran, dass ich immer wieder
unterbrochen habe, weil ich lange gar nichts veröffentlichen wollte.
Café der Nacht
lag mehrere Jahre unvollendet in meiner Schublade, bis ich es wieder
rausgezogen und komplett überarbeitet habe - gleich zwei Mal. Dafür
habe ich locker ein Jahr gebraucht, bis es sich richtig und rund
angefühlt hat. Jetzt, wo ich zwei Romane veröffentlicht habe und
mich selbst als Autorin ernst nehme, geht es zügig voran, weil ich
dranbleibe.
Deine
Triangle-Serie
hast Du auf Englisch geschrieben. Welchen Unterschied macht die
Sprache in der Du schreibst für Dich?
Einen größeren,
als man glauben sollte. Ich habe auf Englisch einen anderen Stil,
frecher und emotionaler. Diese Sprache hat einen ganz anderen Fluss,
man kann viele Dinge machen, die auf Deutsch nicht gehen. Nachdem ich
über ein Jahrzehnt ausschließlich auf Englisch geschrieben habe,
fiel es mir richtig schwer, wieder auf Deutsch etwas zu Papier zu
bringen.
Wie hast Du so
gut Englisch gelernt? Ich stelle es mir sehr schwer vor, in einer
anderen Sprache literarisch zu schreiben.
Das mit Englisch
war einfach Liebe, von Anfang an, das flog mir förmlich zu. Ich habe
enge Freunde in England und Amerika, irgendwie wurde es zu einer Art
zweiten Muttersprache für mich. Das ist meine emotionale Sprache,
die Sprache meines Herzens, wenn man so will - und das passt ja
gerade zum Schreiben.
Wie fühlt es
sich an, die eigene Geschichte ins Deutsche zu übersetzen?
Echt seltsam.
Gerade am Anfang ist mir das erstaunlich schwer gefallen. Die Stimmen
der Figuren hörten sich so anders an.
Richtig gut gefällt mir, dass mir die Übertragung von Triangle für den Ullstein Verlag die Gelegenheit gibt, die Story noch mal mit neuen Augen zu betrachten, Dinge zu verändern. Im Prinzip schreibe ich gerade eine alternative Version der zwölf Jahre alten Originalgeschichte, und das ist richtig spannend.
Richtig gut gefällt mir, dass mir die Übertragung von Triangle für den Ullstein Verlag die Gelegenheit gibt, die Story noch mal mit neuen Augen zu betrachten, Dinge zu verändern. Im Prinzip schreibe ich gerade eine alternative Version der zwölf Jahre alten Originalgeschichte, und das ist richtig spannend.
Café der
Nacht, Dein erster deutschsprachiger
Roman, dreht sich um eine Gruppe von (Lebens)Künstlern. Welchem
Genre ordnest du diesen Roman zu?
Vermarktet wird
der Roman ja als "Gay Romance", doch obwohl die zarte
Liebesgeschichte zwischen Maxim und Monroe darin eine zentrale Rolle
spielt, wäre wohl "Drama" treffender. Eigentlich schade,
dass es eine so große Rolle spielt, dass die Hauptfiguren eben
schwul sind. Ich habe mich riesig gefreut, als Gay Verlage das Buch
haben wollten, und fand es doch traurig, dass es nur wegen der
sexuellen Orientierung der Hauptfiguren für andere Verlage nicht in
Frage kam.
Es ist eine
Milieustudie und ein Coming-of-Age-Roman, Maxims Weg ins
Erwachsensein. Das ist vielleicht auch das Schöne daran - es gibt
viele Facetten an dem Buch. Und natürlich gehören dazu auch Gefühle
und die große Liebe. Die spielt bei mir immer eine Rolle.
Schön gesagt.
Was hat Dich zu der Geschichte
inspiriert?
Kunst und Theater
liegen mir unglaublich am Herzen. Mich macht das Theatersterben echt
traurig. Daher wollte ich gerne etwas zum Thema schreiben. Die
eigentliche Inspiration war aber ein Online Role Playing Game um
eine Künstlerkneipe während meines Studiums,
das leider von kurzer Dauer war. Die Geschichten meiner Figuren waren
noch nicht zu Ende erzählt, was ich sehr schade fand, weil ich sie
liebte. Erst vor ein paar Jahren entschloss ich mich, ihnen ein neues
Leben in einem Roman zu geben. Dean Monroe & Co. gibt es also
schon ziemlich lange.
Stil und Stimmung
von Café der Nacht haben
einen besonderen, etwas altmodischen Zauber. Warum hast Du Dich für
diese Gestaltung entschieden?
Ich wollte die
Geschichte aus einer stillen Melancholie heraus erzählen, die alles
durchtränkt. Wie eine Art
Märchen aus längst vergangener Zeit.
Alles sollte schwingen in dem Bewusstsein, etwas Einzigartiges
verloren zu haben, das unwiederbringlich scheint. Für Maxim ist das
ganz zentral - er kommt nicht darüber weg, dass er seine seelische
Heimat und seine große Liebe verloren hat. Ich wollte einen Traum
erschaffen mit dem Café der Nacht, Maxims Traum.
Das ist Dir
gelungen. Gibt es reelle Orte, die in den Roman eingeflossen sind?
Nein, und das ist
ebenso bewusst geschehen. Vermutlich würde man darauf tippen, dass
das Ganze in Schwabing spielt, aber die Wahrheit ist, das alte
Viertel, das ich beschreibe, existiert nicht. Genauso, wie es ein
solches Café nicht gibt. Es sollte eine Welt mit ganz spezieller
Magie sein, von der wir uns vielleicht wünschten, sie wäre real.
Ein wenig eingeflossen ist allerdings, dass mein Vater als Student in
der Münchner Kabarettszene sehr aktiv war. Seine Schilderungen haben
mich auf jeden Fall inspiriert.
Welche Autoren
haben Deinen Stil beeinflusst?
Als Autorin wird man das oft gefragt
und ich bin da immer ein bisschen ratlos. Stilistisch ähnele ich
glaube ich keinem meiner Lieblingsschriftsteller. Wer mich allerdings
von Aufbau und Technik her beeinflusst hat, ist Jane Austen.
Vermutlich habe ich es ihr zu verdanken, dass ich es liebe, komplett
verschiedene Charaktere aufeinanderprallen zu lassen.
Was hat Jane Austen an sich, dass sie
heute immer noch fasziniert?
Ich denke, obwohl
Jane Austen über ihre Zeit schreibt und das voller Spitzen gegen die
damalige Gesellschaft, sind ihre Bücher irgendwie zeitlos. Das liegt
an ihrer feinen Beobachtungsgabe und den tollen Figuren. Sie
karikiert gerne, aber die Hauptfiguren zeichnet sie stets so echt und
menschlich, dass man sie heute noch genau so treffen - und schreiben
- könnte. Und natürlich sind die Liebesgeschichten großartig.
Was bedeutet der
Wechsel vom Selbstverlegen hin zu einem Verlag für Dich?
Das war für mich
ein ganz wichtiger Schritt für mein Selbstverständnis als
Schriftstellerin. Ich brauchte einfach die Bestätigung: Jemand vom
Fach findet mein Buch so gut, dass er es verlegen will. Dabei hat
sich Triangle richtig gut verkauft und ich bekam begeistertes
Feedback, damit hatte ich nie gerechnet.
Im Moment finde ich es schön, mit Verlagen zu arbeiten, aber ich kann mir gut vorstellen, auch bald wieder etwas selbst zu verlegen. Die Möglichkeiten, die es heutzutage dafür gibt, sind einfach toll.
Im Moment finde ich es schön, mit Verlagen zu arbeiten, aber ich kann mir gut vorstellen, auch bald wieder etwas selbst zu verlegen. Die Möglichkeiten, die es heutzutage dafür gibt, sind einfach toll.
Du hast eine entzückende Katze. Wie
inspiriert sie Dich und/oder hilft Dir beim Schreiben?
Carlo macht eigentlich genau das
Gegenteil - er zwingt mich ab und an zu einer Schreibpause, der
kleine Frechdachs. Zur Not springt er hoch und marschiert übers
Keyboard, bis ich aufgebe und ihn knuddele. Der Kleine bringt mich so
oft zum Lachen!
Ist das Schreiben
für Dich Hobby, Beruf oder Berufung?
Berufung und Beruf zugleich. Nach dem
Abi habe ich aus Interesse (und weil ich schier nicht wusste, was ich
sonst tun sollte) Philosophie studiert. Erst spät wurde mir klar,
dass ich meinen Traumjob längst gefunden hatte - das Schreiben. Aber
es ist hart, dass so viele von uns Schriftstellern für einen
Minus-Stundenlohn arbeiten. Es war keine leichte Entscheidung, in die
Teilzeit zu wechseln, um mehr Zeit fürs Schreiben zu haben. Aber
mein früherer Job hat mich so ausgelaugt, dass ich nicht mehr
kreativ sein konnte. Und ohne Schreiben geht es einfach nicht!
Zuletzt ist von
Dir Sommer am See
in Yep, warum nicht anders
(Dead soft Verlag) erschienen. Was dürfen wir in nächster Zeit noch
von Dir erwarten, womit bist Du beschäftigt?
Im Februar 2015
wird mein neuer Roman, Böse Jungs,
bei Forever by Ullstein erscheinen. Das ist die deutsche, komplett
überarbeitet Version von Triangle.
Ich bin schon mächtig gespannt, wie das Buch ankommen wird. Diesmal
ist es definitiv "Gay Romance".
Danach werde ich
mich wohl recht bald ans nächste Manuskript setzen. Ich habe viel zu
viele Ideen - da wird es schwer werden, sich für ein Projekt zu
entscheiden. Vielleicht wird die Liebe darin wieder gay, vielleicht
auch mal hetero. Kommt ganz auf die Figuren an, die mich anspringen.
Ich freu mich jedenfalls schon darauf!