Schreib doch was für die Erotikanthologie bei Incubus, sagte Björn (*Name von der Redaktion geändert) vor einem Jahr, sollte dir doch nicht schwer fallen, sagte Björn.
Was, sagte ich, nein, ich doch nicht! Explizite schwule Erotik als eigene Geschichte? Habe ich noch nie. Klar, in meinen Romanen gibt es Erotikszenen, schöne Erotikszenen, finde ich. Poetisch in Benjamins Gärten und Phillips Bilder, realistisch und nicht verklemmt in Im Zimmer wird es still, und nach den Worten einiger Rezensenten doch schon in Pornohäufigkeit in Nur eine Frage der Liebe. Aber diese Szenen sind in die Romane eingebaut und (entgegen anderslautender Gerüchte) nicht wirklich explizit. Ja, ich bin Dauergast in den erotischen Jahrbüchern Mein heimliches/lesbisches/schwules Auge, aber - unter uns - explizit ist fast keiner meiner Beiträge.
Nun blieb der Björn aber hartnäckig und bei mir nistete sich eine Idee ein - Tentakel sind in Ordnung, stand in der Ausschreibung ...
Aber es ist doch schön, wenn man sich ein bisschen zieren kann. Und einen Schuldigen hat, nicht wahr, Björn. Zu meiner Überraschung schrieb mich dann noch der Herausgeber Ulrich Hawighorst direkt an und bat mich um einen Beitrag - da hat mich ja aber der Björn schon bearbeitet.
Seit zwei Wochen halte ich die fertige Anthologie nun in der Hand. Und bin
stolz, bei diesem wirklich gelungenen Projekt dabei zu sein. Der Herr Björn ist auch dabei. Und noch ein paar andere illustre Autor_innen, darunter Florian Höltgen, Dennis Stephan, Cecil Dewi, Devin Sumarno, Nino Delia, Levi Frost, Raik Thorstad und Romy Wolf.
Mit Der Traum des Fischers habe ich mich wirklich an die Tentakel gewagt, die Geschichte ist von dem bekannten japanischen Holzschnitt Der Traum der Fischersfrau inspiriert. In Fünf-Gänge-Menü gibt es dagegen ein Wiedersehen mit Christoph & Phillip. Es ist die unspektakuläre Geschichte eines Paares, das für ein verlängertes Wochenende in den Harz fährt und - das Wetter ist schlecht.
In seiner Hand, Incubus-Verlag 2015
Sonntag, 27. September 2015
Freitag, 18. September 2015
Rezension zu "Hände" von Paul Senftenberg
Mit »Hände« veröffentlicht der
österreichische Autor Paul Senftenberg seinen fünften Roman (so man
die Novelle »Der Stammbaum« mitzählt).
Im Zentrum steht Paul Kilian, der aus
lieblosen, kalten Familienverhältnissen stammt und (möglicherweise
nachdem sein Vater eine Hand verloren hat) eine eigenartige Obsession
für Hände und Handprothesen entwickelt. Er trifft auf Manuel, der
aus ähnlichen Verhältnissen stammt und durch die Unachtsamkeit
seiner Mutter eine Hand verloren hat. In ihm findet Paul das erste
Mal ein Objekt für seine Obsession und so behandelt er den Jüngeren
auch. Erst mit über 30 trifft Paul auf einen Mann, der ihn trotz
seiner gesunden Hände fasziniert und auf den er bereit ist, sich
einzulassen.
Anders als in Paul Senftenbergs bisherigen
Werken steht hier ein recht großes Figurenensemble im Mittelpunkt
und auch die Perspektive wendet sich vielen Figuren zu. Die
Geschichte wird in keiner Weise chronologisch erzählt, die Sprünge
sind riesig, und doch ist man immer in der Handlung orientiert.
Einzig, dass man von Manuel, dessen Geschichte am Anfang viel Raum
einnimmt, kaum noch etwas erfährt, seine Geschichte somit keinen
Abschluss hat (man hätte ihm auch etwas Glück gewünscht), finde
ich bedauerlich.
Wie in der Verlagsbeschreibung
angegeben, gibt es einige Szenen, die verstören können. Die
Motivation der Figuren ist aber auch in diesen Szenen immer
nachvollziehbar und diese gleiten nicht ins extreme oder reißerische
ab. Trotz der fetischartigen Obsession der Hauptfigur, der extremen
Kälte der Familien und einiger drastischer Szenen und Entwicklungen,
bleibt die Geschichte doch stets in der Realität verwurzelt.
Ein ambitionierter Roman, der sich
flüssig lesen lässt, jedoch nichts zum schnellen Weglesen ist. Wie
immer überzeugt der Autor durch seinen klaren, ausgereiften Stil,
der nicht mit einem Wort aus der Rolle fällt. Für mich ist Paul
Senftenberg der derzeit beste deutschsprachige Autor schwuler Literatur und das hat er
auch mit diesem Werk wieder bewiesen.
Roman 248 Seiten, Homo littera Verlag 2015
eBook 5,49 €
Taschenbuch 12,90 €
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