S.B. Sasori – Rabendieb
Du hast Dich bereits für Wölfe
eingesetzt, nun geht es um einen gefangenen Raben. Was bewegt Dich an
dem Thema?
Bei den Wölfen
und bei Jakob handelt es sich um Themen, die vor meiner Haustür
warten.
Die Wölfe ziehen
praktisch wenige Kilometer an unserem Wohnort vorbei und sorgen
sowohl bei Jägern als auch bei den vielen Schafzüchtern für heiße
Diskussionen. Schon deshalb war es mir ein Bedürfnis, eine Lanze für
sie zu brechen. Der Erlös der Anthologie, an der viele Kollegen
mitgeschrieben haben, geht an NABU "Willkommen Wolf".
Meine jüngste
Tochter hatte bereits das Glück, vier Wolfswelpen auf dem Heimweg
von einer Feier aus nächster Nähe zu sehen. Ihre Augen leuchten
immer noch, wenn sie davon erzählt.
Und Jakob ... ja
den gibt es wirklich. Er lebt im Tierpark hier im Ort.
Seit er ein
Jungvogel ist, ist er eingesperrt. Mittlerweile ist er so alt, dass
er wirklich kaum noch auf die oberste Stange flattern kann. Sein
Leben lang ist er nie richtig geflogen.
Meine mittlere
Tochter war schon oft kurz davor, ihn einfach freizulassen und ich
hatte Mühe ihr klarzumachen, dass das "kriminell" ist.
Dabei hätte ich dieses verdammte Vorhängeschloss liebend gern
selbst aufgebrochen.
Um ihm die Zeit
zu vertreiben besuchen wir ihn oft und reden ein bisschen mit ihm.
Seinen Namen kann er absolut verständlich formulieren. Ist ein
krasser Vogel.
Lasse ich ihn ein
paar Tage allein, dreht er mir schmollend den Rücken zu und ich muss
ihn mit Hundeleckerli bestechen.
Er hat schon
längst eine eigene Geschichte verdient und die hat er nun bekommen. Zumindest dort
wird er befreit.
Raik Thorstad - Das steinerne Bild
Was hat Dich zu dieser Geschichte
inspiriert?
Menschliche
Wahrnehmung ist für mich ein total spannendes Thema, über das man
viel öfter stolpert, als man bewusst - haha - wahrnimmt. Ich
schätze, kaum jemand von uns kann sich davon freimachen, dass er
irgendetwas an sich anders bewertet als andere. Einige überschätzen
sich vielleicht, aber ich glaube, Unterschätzung ist viel häufiger.
Wie viele Mädchen wollen nicht tanzen, weil sie sich zu kurvig
finden? Wie viele Männer finden sich zu klein? Wie viele Leute sind
davon überzeugt, dass sie zu dick/zu dumm/zu hässlich bis hin zu
nutzlos sind? Beim Steinernen Bild habe ich mich gefragt, wie es sich
wohl auf eine Liebe auswirkt, wenn eine der Parteien (oder noch
schlimmer beide) sich selbst nicht richtig sehen kann und immer nur
vom Schlimmsten ausgeht.
Juliane Seidel – Zwillingsmond
Was hat Dich an der von Dir
erschaffenen Fantasywelt besonders fasziniert? Ist sie Teil eines
größeren »Zusammenhangs«?
Eine schwierige Frage, zu der ich etwas
weiter ausholen muss. Um ehrlich zu sein habe ich die Fantasywelt
Adaan nicht für die Kurzgeschichte entwickelt, sondern (gemeinsam
mit Tanja) schon viel früher: für meine Kinderbuchreihe "Assjah".
Darin ist Adaan eine von vier Welten, die sich der Hauptcharakter Kim
ausgedacht hat und in seinen Träumen bereist. Daher kommen in
"Zwillingsmond" auch Figuren vor, die in "Assjah"
eine wichtige Rolle spielen: Annatar und Shamalla. Da ich Adaan sehr
gerne mag und die Welt am meisten ausgearbeitet ist, habe ich mich
entschieden "Zwillingsmond" dort spielen zu lassen. Meine
Geschichtsidee hat einfach wunderbar hinein gepasst, da Magie in
Adaan eine große Rolle Spielt. Leider konnte ich von der Welt nur
wenig offenbaren, einfach weil mir der Platz für längere
Erklärungen fehlte. Daher kommen viele Dinge, die mich an Adaan
faszinieren gar nicht zur Sprache: die Welt unter der Oberfläche -
eine Art Unterwelt, die ganz Adaan unterhöhlt und in der
unterschiedliche Kreaturen leben. Auch die unterschiedlichen Länder
und Lebewesen, die Adaan bevölkern, kommen nur am Rande vor. Es gibt
da viel mehr - sogar eine Landkarte, auf der man einen Teil der
Handlungsorte aus "Zwillingsmond" wiederfinden kann:Damit beantwortet sich auch gleich die 2. Frage - sie ist in der Tat Teil eines größeren "Zusammenhangs": in erster Linie ist die Welt für meine Kinderbuchreihe "Assjah" entstanden. Allerdings plane ich durchaus die Geschichte um Nazar und Kiama auszubauen, da es eine Menge Spaß macht die Abenteuer der Beiden zu erzählen und ich nur einen Bruchteil meiner Träume aufgeschrieben habe - die zwei Magiern, die nur zusammen zaubern können, haben mich nämlich vor einer Weile in mehreren Nächten heimgesucht. Sprich irgendwann wird es mehr zu ihnen geben. Dann kann ich auch mehr von Adaan zeigen, insbesondere die Orte und Geschöpfe, die mich am meisten faszinieren.
Paul Senftenberg - Liebe ohne Namen
Das Essay entstand für ein geplantes
Buch. Über welche Filme wirst Du darin noch schreiben?
Wer
meine bisherigen Bücher kennt, weiß, dass darin immer wieder Bezüge
zu Filmen und zum Kino vorkommen; am augenscheinlichsten ist dies der
Klassiker Frankenstein, der in dem Roman Eine ganz andere
Liebe eine nicht unwichtige Rolle spielt.
Seit
meiner Jugend bin ich ein großer Filmfan, vor ungefähr drei Jahren
habe ich damit begonnen, über die schönsten, bewegendsten, auch die
erschreckendsten, einfach die stärksten Szenen aus schwulen Filmen
zu schreiben – anfangs nur für mich selbst; die Idee, dass daraus
eines Tages ein Buch werden könnte, ist erst mit der Zeit gereift.
Meine Sammlung ist keine Bestenliste, ich habe eine ganz subjektive
Auswahl von über achtzig Gänsehautmomenten getroffen. Allseits
bekannte Filme wie Brokeback Mountain, Milk und A Single
Man kommen darin vor, ich bin aber auch auf eher unbekannte
Perlen wie El Mar, Animals und Contracorriente
gestoßen; auch einige Fernsehserien wie Brothers and Sisters,
Spartacus und Queer as Folk sind darunter.
In
meinen Essays mache ich diese wunderbaren Augenblicke des schwulen
Films für die Leser wieder erlebbar, sie stellen eine Hommage, eine
Liebeserklärung dar. Und ausgehend davon schreibe ich das eine Mal
über filmhistorische Aspekte oder bestimmte Schauspieler oder
Regisseure, ein anderes Mal über psychologische oder philosophische
Überlegungen oder stelle literarische Bezüge her. Unter dem Titel
Gay Movie Moments wird die Sammlung im kommenden Jahr im
Verlag Homo Littera herauskommen – nicht zuletzt aufgrund der
vielen Fotos, für die die Rechte eingeholt werden mussten, auch für
den Verlag ein extrem aufwendiges Unterfangen.
Karolina Peli - Von Liebe,
Anhänglichkeiten und Fluchten
Wie kam Dir die Idee zu Deiner
Geschichte?
Ein Stück weit,
wahre Begebenheit. Ich habe einen Bekannten, der sich trennte. Aber
nicht damit zurechtkam. Er klammerte sich fest. Rundum im
Freundeskreis. Jeder kam mal eine Weile dran. Im Endeffekt merkte er,
was er da tat.
Moritz Berg und J. Walther - Nie
vergessen
Lieber Moritz, Du warst noch nie in
Italien. Wie ist es Dir gelungen, Dich in den Handlungsort
hineinzuversetzen?
Ich liebe es zu
reisen, es kann eigentlich gar nicht weit genug weg sein. Dabei kamen
aber so einige Ecken von Europa bis jetzt viel zu kurz. Gerade
Italien, das eigentlich nur wenige Stunden mit dem Auto entfernt ist,
hatte ich bei der Urlaubsplanung völlig unbeachtet gelassen. Vor ca.
einem Jahr entstand zum ersten Mal der Gedanke Italien zu besuchen,
aber noch immer stand es auf der Wunschliste weit unten.
Als die Idee
zusammen mit Jana etwas zu schreiben aufkam, stand schnell fest, dass
es in Italien spielen sollte. Ich beschäftigte mich mehr mit dem
Land, schaute viele Bilder an, besuchte den Ort virtuell. Dabei
tauche ich in die Bilder ein und versuche dem Leser genau die Gefühle
zu vermitteln, die ich dabei habe, egal, ob ich den Ort persönlich
schon besucht habe oder nur in der Vorstellung. Ich hoffe, dass es
mir gelungen ist.
Chris P. Rolls - Die Anmut von Gras
Du überraschst hier mit einem anderen
Stil und Deiner vermutlich kürzesten Geschichte bisher. Wie kommt
es? War das Schreiben dieses Texte anders als sonst?
Ich habe mich in
letzter Zeit öfter an etwas kürzeren Sachen probiert, auch wenn die
mir nicht so recht liegen. Aber es macht Spaß, möglichst viel
wegzulassen, nur das Wichtigste anzudeuten und den Rest dem Leser zu
überlassen. Dadurch bastelt man aber etwas mehr an dem Text herum,
denn alle kleinen Puzzleteilchen müssen ja am rechten Fleck sein, um
entdeckt werden zu können. Insofern war es anders, weil ich den Text
ein paar Mal durchgehen musste, ob ich alle Hinweise auch drin hatte.
Auf jeden Fall ein interessantes Experiment.
Ich bedanke mich bei
allen AutorInnen für die Antworten. Ein besonderer Dank für die
Unterstützung des Projektes geht auch an die Verlage Incubus, dead soft
und insbesondere Cursed für den Buchsatz!
Das Taschenbuch ist nun auch erschienen!
Das Taschenbuch ist nun auch erschienen!