Sonntag, 31. August 2014

Rezension "Der Stammbaum" von Paul Senftenberg

Paul Senftenberg setzt sich in „Der Stammbaum“ mit einem selten behandelten, aber immer noch nicht seltenem Thema auseinander.
Paul mag seine Frau sehr, fühlt sich bei ihr wohl, liebt seine Kinder, aber … Erst in seinen Dreißigern sind ihm seine Gefühle für Männer bewusst geworden, hat er sie sich eingestanden.
Vor zwei Jahren hat er Stefan kennengelernt, mit dem er sich alle 14 Tage heimlich in Wien trifft. Nun verändert der plötzliche Unfalltod von Pauls Frau alles …

Man spürt die unausgesprochene Liebe der beiden Männer zueinander, die schnell, wohl von beiden ungewollt, über die angedachte Sexbeziehung und ein freundschaftliches Verhältnis hinausgegangen ist. Ihre Beziehung, die mehr ist als für Beide praktisch, hat jedoch eine fragile Stabilität, die nicht mehr trägt, als sie ihr Gleichgewicht verliert.

Zutiefst authentisch zeigt der Autor einen Mann, den der plötzliche Tod seiner Frau und die Trauer aus der Bahn wirft. Ebenso wie ihn plötzlich die Hoffnung auf ein Leben überfällt, dessen Seite an sich er unterdrückt hat. Der titelgebende Stammbaum wird hier zum Schlüsselmoment und Symbol.

Eine unheimlich verdichtete und intensive Geschichte, konzentriert und geschliffen im Stil.

Paul Senftenberg belebt ein Literaturgenre neu – die Novelle. Heute wird schnell eine längere Erzählung oder ein Kurzroman als solche bezeichnet. Doch eine Novelle ist mehr als das, wird nicht nur durch den (geringen) Umfang gekennzeichnet. Das ist in Vergessenheit geraten, doch der Autor setzt die Merkmale einer Novelle in Könnerschaft um.

Ein Dank an den Autor und an den Verlag, der diese berührende Perle ans Licht geholt hat.

www.paulsenftenberg.at


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